Freitag, November 26, 2010

lebendig und doch schon tot.

Ich stand auf diesem Dach. Ohne meinen Plan noch einmal genau zu überdenken. Es gab nur noch das Dach und mich. Das Verlangen endlich dem Tod beizutreten. Dich wieder zu sehen im Himmel. Ich dachte nur noch an uns. Ich war so leichtgläubig, dass ich wirklich dachte im Himmel könnten wir ein neues Leben beginnen. Meine Knie zitterten und mir liefen die Tränen über die Wange, die sich kurze Zeit später mit dem Regen verbündeten. Ich war kurz davor meine ganzen Ängste zu verdrängen, nahm allen Mut zusammen und wollte springen. Schreckhaft drehte ich mich um, da ich nach ein paar Minuten realisiert hatte, dass ein junger Mann mir eine Geschichte erzählte. Sie war meiner so ähnlich, aber es war seine. Ich ging langsam zwei Schritte von der Dachkante weg und hörte ihm zu. Die Geschichte traf mitten in mein mit Blut zerfeztes Herz. Aber es half. Es half mir kleine Wunden zu heilen. Am Schluss sagte er, vor 4 Jahren stand er an der gleichen Stelle wie ich und spielte mit den selben Gedanken. Doch es kam ein Schutzengel, der ihm seine unsinnigen Gedanken ausreden konnte. Als ich dem Mann für einen Moment den Rücken kehrte und kurz darauf wieder zu ihm sah, da ich mich bedanken wollte, war er bereits verschwunden.
Durch die Angst zu sterben verhindert man nicht seinen Tod - sondern behindert sein Leben.
Kristiane Allert-Wybranietz